Es kann nur einen geben!
Achtung! Falls ihr den Fanroman "Die letzte Chronik" noch nicht kennt, überlegt euch,
ob ihr diese Story lesen wollt. Es könnte euch bei der Chronik die Spannung verderben.
1283 NGZ, Andromeda
Der Mann betrachtete das Quartier, das er während der Reise bewohnte. Es war nicht besonders komfortabel, aber für seine Zwecke genügte es. Er hatte nicht vor, das Schiff während der bevorstehenden Zwischenlandung zu verlassen. Schon zu viele Welten hatte er gesehen, und doch besaß keine die ehrfurchtgebietende Schönheit seiner Heimat. Bis sie die Erde erreicht hatten, würde er in seiner Kabine bleiben und seine letzte Aufgabe vollenden. Über die Bordsprechanlage ertönte die Stimme des Captains, der die Landung auf Ragatal, einer Randwelt Andromedas, ankündigte.
"So weit sind die Menschen gekommen", dachte er, "bis in eine andere Galaxis. Wer hätte das damals gedacht?" Er ging zu der Computerkonsole und setzte sich, dann aktivierte er den Computer. Während er zu sprechen anfing, zeichnete der Computer seine Worte auf.
Die Landung spürte er kaum, doch plötzlich unterbrach er seine Arbeit und lauschte in sich hinein. Da war etwas, und das Gefühl nahm an Intensität zu, wie ein Blitz zuckte es durch sein Bewusstsein. Er konnte es nicht glauben, dass es endlich so weit war. Darauf hatte er seit Jahrhunderten vergeblich gewartet. Seine Suche war beendet, gerade als er beschlossen hatte, sie aufzugeben.
Er konnte jetzt ganz deutlich fühlen wie das Leben aus einem Körper entwich, wie es sich in einer anderen Dimension sammelte und dann mit neuer Kraft in den Körper zurückkehrte. Erregt sprang er auf und verließ die Kabine und das Schiff, auf dem Weg zum Ursprung dieser Erscheinung.
"Schneller! Wir können es schaffen. Wir sind schon fast am Raumhafen!" Tifflor stolperte, und Michael musste ihn auffangen und weiterzerren. Hinter ihnen waren die hastigen Schritte ihrer Verfolger zu hören, Strahlschüsse zischten in die Stelle, an der Tifflor eben noch gestrauchelt war.
'Vielleicht hätten wir uns nicht einmischen sollen', dachte Tifflor. Doch als sie damals von der Verschwörung in Andromeda erfahren hatten, war es ihnen wie ein unwiderstehliches Abenteuer erschienen, eine Chance sich von Perry Rhodan zu lösen und etwas eigenes auf die Beine zu stellen. Eine Gruppe von Tefrodern, die das Erbe der MDI erforschten, verlassene Stationen erkundeten, mit dem Ziel, die Technik der MDI zu enträtseln und die alte Macht wiederherzustellen. Sie hatten sich bis in die Spitze der Organisation eingeschlichen, hatten kurz davor gestanden, die Gruppe zu zerschlagen, und dann waren sie entlarvt worden. Jetzt befanden sie sich auf der Flucht. Die Arbeit von Jahrzehnten war umsonst, wenn sie hier getötet wurden.
Während ihm diese Gedanken durch den Kopf gingen, passierte es plötzlich: Ein Strahlschuss fuhr durch Tifflors linke Schulter, verbrannte das Fleisch, trennte fast den Arm ab. Aufschreiend fiel Tifflor zu Boden. Michael drehte sich sofort um und erschoss den Verfolger, alle anderen waren weiter zurückgeblieben.
Dann kniete er sich neben Tifflor auf den Boden und blickte entsetzt auf die schreckliche Wunde in dessen Schulter. Er versuchte ihn anzuheben und zu tragen, doch Tifflor wehrte ab. "Lass es, es hat keinen Sinn", keuchte er, mit einem Blick auf seine Schulter. "Der Zellaktivator wurde zerstört, ich würde sowieso nicht überleben."
"Aber ich kann dich nicht einfach so hier liegen lassen", brachte Michael Rhodan verzweifelt hervor.
"Rette dich! Es geht nicht anders. Und grüß Perry von mir." Das Sprechen viel Tifflor zusehends schwerer. Michael zerrte ihn in eine dunkle Ecke, drückte ihm seine Waffe in die Hand und nach einem letzten verzweifelten Blick auf den jahrhundertelangen Freund wandte er sich um und hastete weiter in Richtung Raumhafen.
Der Fremde stieg langsam über die Leichen von zwei Tefrodern hinweg und näherte sich dem Körper, der in der dunklen Nische lag.
Er packte den Bewusstlosen behutsam und zerrte ihn ins Licht. Und als er das eingefallene und vor Schmerzen verzerrte Gesicht betrachtete, überkam ihn plötzlich ein Schock. Er kannte diesen Mann. Es war Julian Tifflor, einer der Aktivatorträger um Perry Rhodan. All die Jahrhunderte, die lange Suche, das Versteckspiel, alles war umsonst gewesen.
Erst nach einer längeren Zeit war er in der Lage, sich den Bewusstlosen über die Schulter zu werfen und zum Schiff zurückzugehen.
Es dauerte zwei Stunden bis Tifflor wieder erwachte. Leise aufstöhnend sah er sich in dem Zimmer um. Er lag auf einem Bett, außer ihm war niemand anwesend. Aus den leisen Maschinengeräuschen folgerte er, dass er sich auf einem Raumschiff befand. Tifflor fühlte kein Zeichen der vorherigen Schwäche mehr in sich. Verwundert blickte er auf seine vollkommen gesunde Schulter, die weder Anzeichen einer Schusswunde noch des Alterns trug, das nach der Zerstörung des Zellaktivators hätte einsetzen müssen. Tifflor hob einen Arm und fuhr mit der Hand über seine Schulter. Ganz deutlich erinnerte er sich des entsetzlichen Schmerzes als ihn der Energiestrahl getroffen hatte. Und doch war jetzt nicht das geringste Anzeichen einer Wunde festzustellen.
In diesem Augenblick spürte er etwas, es war wie ein Aufblitzen in seinem Bewusstsein. Und er wusste, dass jemand kommen würde, noch bevor sich die Tür öffnete. Ein Mann betrat den Raum, blickte zu Tifflor hinüber und murmelte dann: "Ah, Sie sind wach." Der Mann sprach Interkosmo, benutzte aber die längst veraltete Höflichkeitsform.
"Wer sind Sie?" fragte Tifflor.
"Mein Name ist nicht wichtig", war die Antwort. Tifflor setzte sich auf und blickte den Mann argwöhnisch an. "Was ist mit mir geschehen? Wo bin ich hier?"
"Sie sind an Bord eines Passagierschiffes auf dem Weg in die Milchstraße. Ich habe Sie in dem Tunnel am Raumhafen gefunden und mitgenommen."
"Ich war verwundet! Ich hätte mittlerweile sterben müssen." Der Mann hatte sich auf den Stuhl neben Tifflors Bett gesetzt und antwortete nachdenklich: "Es gibt einige Dinge über die wir noch reden müssen."
Tifflor ließ sich auf das Bett zurücksinken, dann fragte er: "Wie lange war ich bewusstlos?"
"Drei Stunden, ungefähr."
"Ich nehme an, Sie wissen, wer ich bin?" fragte Tifflor den anderen.
"Sie sind Julian Tifflor, einer der Zellaktivatorträger."
"Nicht mehr", flüsterte Tifflor leise. "Ich spüre ganz deutlich, dass der Aktivator nicht mehr da ist. Er wurde bei dem Schusswechsel zerstört. Das heißt, ich habe noch ungefähr sechzig Stunden zu leben." Einen kurzen Augenblick fragte sich Tifflor, warum er das dem Fremden überhaupt alles erzählte. Doch irgendwie fühlte er sich ihm verwandt, deshalb fuhr er fort: "So habe ich mir meinen Tod eigentlich nicht vorgestellt, auf einem veralteten Raumschiff im Leerraum zwischen den Galaxien."
"Sie werden nicht sterben", erwiderte der Fremde. "Sie sind unsterblich."
"Jetzt nicht mehr", sagte Tifflor resigniert.
"Ich meine nicht den Zellaktivator", fuhr der andere fort. "Sie sind auch ohne ihn unsterblich, sie hätten ihn nie gebraucht." Während er redete war der Fremde aufgestanden und im Raum auf und ab gegangen. "Es wird nicht einfach für Sie sein, die Wahrheit zu akzeptieren, aber ich sage Ihnen, dort unten in dem Tunnel sind Sie gestorben."
"Und dies ist der Himmel?" fragte Tifflor in einem Anfall von Sarkasmus.
"Sie müssen sich mit dem Gedanken vertraut machen, dass für Sie der Tod nichts endgültiges ist. Aber um das zu verstehen, sollte ich Ihnen am besten etwas über mein Leben erzählen." Und während Tifflor gespannt zuhörte, erzählte der Fremde von den Unsterblichen und dem ewigen Kampf. Und er erinnerte sich...
Wie er, geboren in den schottischen Highlands, 1536 in einer Schlacht gefallen war, und doch weiterlebte. An Ramirez, der ihn mit den Regeln des ewigen Kampfes vertraut gemacht hatte. Seine erste große Liebe, Heather. Er hatte zusehen müssen wie sie alterte und starb. Er erinnerte sich an die vielen toten Freunde, Sterbliche und Unsterbliche. Mit dem Aufbruch ins Weltall, nach Perry Rhodans Kontakt mit den Arkoniden, hatte sich der Kampf verzögert. Viele Unsterbliche waren in die Weiten des Universums hinausgezogen, und Begegnungen zwischen zwei von ihnen fanden nur noch selten statt. Und obwohl die Zahl der neugeborenen Unsterblichen stetig sank, blieb der Tag der großen Zusammenkunft in weiter Ferne.
Im Zeitalter von Syntroniken war es weitaus schwieriger als früher, seine wahre Natur zu verbergen. Schon die Einreise in die LFT wurde zu einem Problem, dank der Computer, die nie ein Gesicht vergaßen.
Als er geendet hatte, blickte Julian Tifflor ihn nachdenklich an. Dann schüttelte er den Kopf. "Das kann ich einfach nicht glauben. Es ist zu phantastisch."
Der Fremde überlegte ein Weilchen, dann sah er auf und meinte: "Na gut, ich werde Ihnen sagen, wer ich bin. Mein Name ist Connor MacLeod aus dem Clan der MacLeod."
Tifflor blickte den Fremden, der sich MacLeod nannte, ob dieses Themawechsels leicht verwundert an. Irgendwie kam ihm der Name aber auch bekannt vor.
"Oberst Connor MacLeod, wenn Sie so wollen", warf der andere ein. Und plötzlich dämmerte es Tifflor. Er starrte sein Gegenüber an und fragte ungläubig: "Kommandant des Superschlachtschiffs Drovana?" MacLeod nickte bestätigend. Tifflor glaubte jetzt, sich auch an das Gesicht zu erinnern, das Gesicht des einzigen Flaggschiffkommandanten, der je aus der Solaren Flotte desertiert war.
"Aber das war vor über tausend Jahren", meinte Tifflor. Er konnte es noch immer nicht begreifen. Und plötzlich fragte er: "Warum sind Sie damals desertiert?"
"Erinnern Sie sich an den Vorfall, der zur gleichen Zeit auf Thraka stattfand?"
Tifflor überlegte, dann fiel es ihm wieder ein: "Man fand Gouverneur Kurgan enthauptet auf, kurz nachdem die Flotte unter meinem Befehl gelandet war. Natürlich haben die Thraker versucht, es uns anzuhängen, mit gefälschten Videobändern."
Connor MacLeod schmunzelte. "Sie waren echt. Ich wusste nicht, ob man mich darauf vielleicht erkennen könnte, also habe ich der Solaren Flotte lieber den Rücken gekehrt."
"Sie haben den Gouverneur ermordet?" fragte Tifflor entsetzt.
"Es war ein Zweikampf. Kurgan war kein Gouverneur sondern ein Diktator und mein größter Feind. Mein ganzes Leben lang habe ich ihn gejagt. Und er war auch der letzte Unsterbliche, dem ich begegnet bin. Nachdem ich ihn damals getötet habe, hätte es eigentlich vorbei sein müssen. Denn soviel ich wusste, waren wir damals die letzten. Doch nichts geschah. Daraus konnte ich nur folgern, dass es irgendwo noch einen Unsterblichen gab. Ich habe Jahrhunderte damit verbracht, ihn zu suchen. Und jetzt weiß ich auch, warum ich ihn nie gefunden habe."
Connor blickte Tifflor an und fuhr fort: "Ein Unsterblicher spürt die Gegenwart eines anderen nur dann, wenn der andere schon einmal gestorben ist. Vorher ist er ein ganz normaler Mensch, und doch findet die große Zusammenkunft nicht statt, solange er am Leben ist. Dein Leben wurde durch den Zellaktivator künstlich verlängert, so dass dein erster Tod erst nach Jahrtausenden stattgefunden hat."
"Soll das heißen...", begann Tifflor, und Connor beendete den Satz: "Ja, wir beide sind die letzten."
Julian Tifflor fühlte sich plötzlich unbehaglich. Was, wenn diese verrückte Geschichte stimmte und der andere jetzt ein Schwert zog, um ihm den Kopf abzuschlagen? Er stand auf, und ging auf die Tür zu. Dass Connor hinter ihn getreten war, merkte er erst als das Hypospray sich in seinem Arm entlud. Das Mittel wirkte sofort, und Tifflor sank bewusstlos zu Boden.
"Tut mir leid, mein Freund. Aber diese Entscheidung muss ich ganz allein treffen", murmelte Connor MacLeod.
Er dachte an den Teil der Geschichte, den er Tifflor verschwiegen hatte. Dass er der Suche und des ruhelosen Lebens müde geworden war. Dass er, als er wieder einmal eine geliebte Frau begraben musste, beschlossen hatte, dass es so nicht weitergehen konnte. Wenn es noch einen anderen Unsterblichen gab, so war die Chance ihn zu finden äußerst gering, hatte er sich gesagt. Das letzte Ziel, das er in seinem Leben anstrebte, war noch einmal seine Heimat zu sehen, die Erde.
Doch jetzt war alles anders gekommen. Er hatte das gefunden, wonach er so lange gesucht hatte: den letzten Unsterblichen. Und nun stand er vor der schwierigsten Entscheidung seines bisherigen Lebens. Aber eigentlich hatte er sich schon vorher entschieden.
"3000 Jahre sind einfach genug, mehr kann kein Mensch ertragen", sagte er leise. Kurz dachte er an die große Zusammenkunft, an die Überlieferung, dass der letzte Unsterbliche, der dann die Kraft aller anderen Unsterblichen besaß, die Welt beherrschen würde. Herrscher über eine Welt zu sein, war heut zu Tage nichts besonderes, und Connor wusste auch nicht, ob die Überlieferung der Wahrheit entsprach. Doch falls dem so war, würde Tifflor der Richtige dafür sein.
Im Moment spürte Connor MacLeod nichts von der Kraft all der getöteten Unsterblichen in sich. Doch irgendwie war er auch froh, wenn alle Qualen vorbei sein würden. Er ging zu einem Wandschrank und zog eine Schublade auf. Darin lag ein uraltes Schwert. Während er es herausnahm, zog noch einmal sein Leben vor seinem Geist vorbei. Doch dann schüttelte er die Erinnerungen ab und wandte sich der Gegenwart zu.
Entschlossen ging Connor zu dem Computerterminal, nahm den Speicherkristall mit seiner Lebensgeschichte heraus und legte ihn gut sichtbar auf den Tisch. Dann packte er das Schwert und den Hypnostrahler, der daneben in der Schublade lag, setzte sich vor das Bett, und wartete, dass Tifflor wieder erwachen würde.
"Es kann nur einen geben!" flüsterte er leise.
(c) by Johannes Freudendahl https://ammaletu.de
Anmerkungen:
Die Story ist ein Highlander-Perry-Rhodan-Crossover.
Dies ist die erste der beiden Storys, aus denen sich die letzte Chronik entwickelt hat. Man erkennt schon einige Grundideen der Chronik, einige Namen habe ich später auch übernommen. Der Hauptgedanke dieser Story fiel dann aber doch unter den Tisch, denn Tifflor als Unsterblicher, das erschien mir dann doch zu komplex. Weitere Infos findet ihr auf der vorherigen Seite.
Geschrieben: 26. Nov 1997 | Wörter: 2.091