Anhang zum Fanroman "Die letzte Chronik"

Die Zusammenkunft

SPOILER

Achtung! Falls ihr den Fanroman "Die letzte Chronik" noch nicht kennt, überlegt euch,
ob ihr diese Story lesen wollt. Es könnte euch bei der Chronik die Spannung verderben.

SPOILER

Begleitet von 20 Leichten Kreuzern senkte sich das Superschlachtschiff Drovana auf den Raumhafen von Korva, einer der Hauptwelten der ZGU. An Bord waren Julian Tifflor und eine Delegation des solaren Parlaments, die eingeladen worden waren, um an einer Gerichtsverhandlung teilzunehmen. Vor kurzem erst hatte einer der 21 Kalfaktoren, die die Regierung der ZGU darstellten, versucht sich zum Alleinherrscher aufzuschwingen. Ein Bürgerkrieg war ausgebrochen, und es war auch zu Angriffen auf Schiffe und Kolonien des Solaren Imperiums gekommen. Nach vier Monaten hatte eine Eliteeinheit der ZGU es endlich geschafft, den Kalfaktor festzunehmen. Abgeordnete des Solaren Imperiums waren nun eingeladen worden, um der Verhandlung beizuwohnen und die Friedensverträge zu erneuern.

***

Gucky materialisierte in der Kabine von Connor MacLeod, dem Kommandanten der Drovana. "Was kann der Retter des Universums für dich tun? Ich habe gehört, dass du mich sprechen willst", begrüßte er MacLeod, der an einer Computerkonsole saß.

"Hallo, Gucky. Du könntest mir einen Gefallen tun. Ich muss an einen bestimmten Ort gelangen, und Teleportation wäre der einfachste Weg. Du bekommst auch eine Belohnung." Gierig starrte Gucky auf die Möhren in der Hand des Kommandanten.

"Ok, wohin soll es gehen?" fragte er schnell.

"Auf den Planeten, zur Zelle des gefangenen Kalfaktors." Diese Antwort überraschte Gucky. Etwas misstrauisch fragte er: "Was willst du denn da?"

"Ich möchte ihn sehen, persönlich."

"Kannst du das nicht morgen bei der Verhandlung tun?"

"Ich habe Dienst in der Zentrale. Du weißt doch, einer unserer Emotionauten ist erkrankt. Ich muss den ganzen morgigen Tag in der Zentrale bleiben, falls ein Alarmstart nötig wird."

"Warum willst du ihn sehen? Hat er dir etwas getan?" Als Connor auf diese Frage antwortete, richtete sich sein Blick in weite Ferne. "Er hat einen meiner besten Freunde auf dem Gewissen." Wieder musste Connor daran denken, wie er damals die Nachricht von Duncans Tod erhalten hatte.

"Ich möchte ihm wenigstens einmal in die Augen sehen."

Ganz überzeugt war Gucky nicht, aber plötzlich hatte er eine Idee. "Wenn ich dich hinbringe, verrätst du mir dann dein Geheimnis?"

"Was?" Die Frage überraschte MacLeod.

"Du weißt, dass ich deine Gedanken nicht lesen kann, weil du mentalstabilisiert bist", fuhr Gucky fort. "Aber ich spüre, dass du irgendein Geheimnis besitzt."

"Meine Gedanken sind normalerweise auch nicht fürs Schiffsfernsehen bestimmt. Aber wenn du mich hinbringst, verrate ich dir vielleicht ein paar Dinge über meine Vergangenheit. Machst du es?" fragte MacLeod und winkte mit dem Bund Möhren. Gucky überlegte einen Augenblick. 'Ach, was soll schon groß passieren?' dachte er schließlich. 'Wenn Connor irgend eine Art Selbstjustiz vorhat, werde ich das schon zu verhindern wissen.'

Er legte seine Pfote auf MacLeods Hand und teleportierte mit ihm in den Zellentrakt. Der Wächter, der sich im Raum befand, sprang entsetzt auf, dann erst erkannte er Gucky. "Keine Panik! Wir wollen nur mal kurz einen Blick auf den Gefangenen werfen", rief Gucky. Weiter kam er nicht, denn MacLeod hatte blitzschnell einen kleinen Paralysator aus der Tasche seines Mantels gezogen und ihn paralysiert. Genauso erging es dem Wächter, der seine Waffe gerade wieder eingesteckt hatte.

"Das Solare Imperium ist für meine Handlungen nicht verantwortlich ", sagte MacLeod in die Richtung des bewegungslosen ZGU-Wächters. "Dies ist eine private Angelegenheit. Tut mir leid, Gucky", fügte er hinzu, dann steckte er den Paralysator weg, stellte an den Kontrollen der Kamera, die den Zellenraum überwachte, einen Standbildmodus ein und trat auf die Tür zu.

Kurz zögerte er, obwohl er auf diese Begegnung über tausend Jahre gewartet hatte. Er dachte an den Mann, dem er gleich gegenüberstehen würde, und den er so sehr hasste. Die Tür öffnete sich vor ihm, und er betrat den dahinterliegenden Raum.

Der Gefangene stand in der Mitte des Raumes und erwartete ihn. Er war ein Hüne, über zwei Meter groß und, vom Gesicht her zu urteilen, noch nicht sehr alt. Connor erinnerte sich noch gut, wie er ihm zum ersten Mal begegnet war, damals, 1536, in Schottland. Er war es gewesen, dem MacLeod seinen ersten Tod zu verdanken hatte. In den letzten hundert Jahren hatte er sich verändert, der wilde, anarchistische Barbar, der er immer gewesen war, fing an, sich für Politik zu interessieren und nach Macht zu streben.

MacLeod machte einen weiteren Schritt auf ihn zu, die Tür schloss sich und er sagte: "Ich bin Connor MacLeod vom Clan der MacLeod. Ich bin gekommen, um mir deinen Kopf zu holen, Kurgan."

Kurgan, der ehemalige Kalfaktor, lächelte jetzt. "Schön dich wiederzusehen, Highlander", meinte er mit einer furchteinflößenden Stimme. "Hast du vor mich hinzurichten? Ich bin unbewaffnet."

Connor erwiderte nichts, sondern schlug seinen Mantel zurück und warf Kurgan ein darin verstecktes Schwert zu. Auch er hielt jetzt eins in Händen. Kurgan hob sein Schwert auf und fing plötzlich an zu lachen. "Das ist es, nicht wahr? Das, worauf wir so lange gewartet haben. Die Entscheidung zwischen Gut und Böse. Wir sind die beiden Letzten, wusstest du das, Highlander?"

"Du wirst nur der Vorletzte sein, Kurgan", rief Connor und griff an. Ein Kampf entbrannte, beide Kontrahenten waren exzellente Schwertkämpfer und einige Zeit lang gab es keine Entscheidung. Connor legte in seinen Kampf den ganzen Hass, den er für Kurgan empfand. So vergingen fast zehn Minuten, ehe Kurgan den entscheidenden Fehler beging. Connor nutzte den Fehler aus und stieß sein Schwert in Kurgans Brust. Kurgans Händen entglitt das Schwert, er fiel tot zu Boden.

Connor wusste, dass er nur einige Sekunden hatte, bevor Kurgan wieder zu sich kommen würde. Wie betäubt starrte er auf den Körper vor ihm, alles war auf einmal so einfach. Ein Schlag, und alles wäre vorbei. Das ewige Leben, der ewige Kampf, alles. Hatte er sich das nicht schon so oft gewünscht? Und doch zögerte er, denn er wusste nicht, was nachher kommen würde. Der letzte Unsterbliche, hatte es immer geheißen, würde die Welt beherrschen. Kurz dachte er an sein langes Leben, an Heather, seine erste Liebe, und an Marcia, mit der er nun schon seit neun Jahren zusammenlebte. Als er sah, wie Kurgan langsam erwachte, schüttelte er die Benommenheit ab. "Was soll`s?" flüsterte er. Lauter fügte er hinzu: "Es kann nur einen geben!"

Mit diesen Worten hob er wie schon hunderte Male zuvor sein Schwert und schlug zu. Kurgans Kopf wurde glatt vom Körper abgetrennt. Einen Moment passierte nichts, dann begannen die Blitze aus Kurgans Körper zu Connor zu zucken. Kurgans Kraft ging durch sie auf Connor über. Während er auf die Knie sank und die Erneuerung erfuhr, suchte Connor verzweifelt nach Anzeichen, dass etwas nicht so war wie sonst. Doch nichts geschah, es vergingen fast fünf Minuten, in denen Connor auf dem Boden saß und sich fragte, was er falsch gemacht hatte, ob es vielleicht noch einen Unsterblichen gab.

Plötzlich wurde die Stille durch ein Geräusch unterbrochen. Ein homerisches Gelächter hallte in der Zelle wieder. "Ich bin beeindruckt!" sagte eine laute Stimme aus dem Nichts. Connor fuhr hoch und blickte sich um, dann merkte er erst, dass die Stimme direkt in seinem Kopf sprach. "Es war ein spannendes Spiel", fuhr die Stimme fort. "Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du der Sieger sein würdest, Connor MacLeod."

"Wer bist du?" rief Connor, der nicht mit einer solchen Situation gerechnet hatte. Ein Blitz hüllte ihn plötzlich ein, und als er wieder freigegeben wurde, befand sich Connor an einem anderen, einem merkwürdigen Ort. Um ihn herum war nichts als weißes Licht, und doch schmerzte es seine Augen nicht. Er merkte, dass er diesen Ort nicht durch körperliche Sinnesorgane wahrnehmen konnte, dass er, um hier sein zu können, seinen Körper hatte zurücklassen müssen. Vor sich "sah" er einen Schemen, es war wie ein riesiges Kollektiv aus Bewusstseinen.

Von dort kam die Stimme, als sie sagte: " Ich habe dieses Spiel vor über 6000 eurer Jahre gestartet und jetzt ist es endlich entschieden. Die Zeit ist wie im Flug vergangen." Connor konnte nicht begreifen, was er hörte, er fühlte Wut in sich hochsteigen.

"Ein Spiel?" schrie er. "Du nennst das ein Spiel? Für uns war es eine jahrtausendlange Qual, ein immerwährender Kampf, und für dich ist es nichts als ein Spiel? Wer bist du, dass du dir eine solche Perspektive erlauben kannst?"

Das Geisteskonglomerat übermittelte ihm nur ein Wort: "ES!"

"Die Superintelligenz?" fragte Connor verwirrt. Er hatte schon viel von dem Wesen gehört, das Perry Rhodan und den anderen die relative Unsterblichkeit verliehen hatte, doch er hatte es nie mit seinem Schicksal in Verbindung gebracht.

"Die Unsterblichkeit ist ein Hobby von mir", sagte ES, "Ich teile sie nur eben nicht immer in der gleichen Form aus."

"Warum? Wozu das alles?" flüsterte Connor leise.

"Die Ewigkeit kann sehr langweilig sein", seufzte ES. "Man muss sich irgendwie ablenken."

"All die Unsterblichen, die gezwungen waren, dein Spiel mitzumachen, sie waren also nur eine Ablenkung für dich?" fragte Connor gereizt. "Ramirez, Duncan, Nakano, Darius, ihr ganzes Leben war nur ein Spiel, kreiert um dich bei Laune zu halten? Das kann ich nicht glauben!"

ES schwieg für eine Weile. Dann gab er zu: "Für eine Superintelligenz ist es oft schwierig, sich auf die Wertvorstellungen der Körperlichen hinunterzudenken. Manchmal vergesse ich, dass auch ich einmal körperlich war." In versöhnlichem Ton fuhr ES fort: "Ich wollte keinesfalls die Bedeutung eures Kampfes herabsetzen. Es war nicht nur ein Spiel zu meiner Unterhaltung, sein Ausgang, ob ein guter oder ein böser Mensch gewinnt, hat Einfluss auf meine Zukunft. Wenn Kurgan euren Kampf gewonnen hätte, hätte ich ihm den gleichen Preis zugestehen müssen wie dir. Es hätte einen sehr negativen Effekt auf mich gehabt."

Nach einer Weile des Schweigens setzte ES hinzu: "Du hast mich noch nicht gefragt, was der Preis für dich ist." Connor war verwirrt von all dem, was er gehört hatte. Er wusste, dass ES die Antwort gleich präsentieren würde, also schwieg er. "Die große Zusammenkunft war von Anfang an eine Umschreibung für die Vereinigung des letzten Unsterblichen mit mir." Damit gelang es der Superintelligenz, Connor zu überraschen. "Vereinigung? Was meinst du damit?" fragte er.

"Wenn du einverstanden bist, wirst du in mir aufgehen, du wirst ein Teil von mir werden. Es wäre das Ende deines bisherigen Lebens und der Beginn eines neuen." Gleichzeitig mit diesen Worten übermittelte Es ihm umfangreiche Vorstellungen davon, was es bedeutete, Teil einer Superintelligenz zu sein. Connor zögerte nur einen winzigen Augenblick, dann willigte er ein. "Ich habe nur noch eine letzte Bitte", teilte er ES mit. "Ich möchte mich von meiner Frau und meiner Tochter verabschieden."

"Tochter?" fragte ES verwundert zurück. "Unsterbliche können keine Kinder bekommen. Das waren die Regeln."

"Ich habe sie adoptiert", antwortete Connor. "Was du uns allen mit der Verweigerung eigener Kinder angetan hast, wirst du wahrscheinlich nie verstehen", setzte er bitter hinzu. "Vielleicht kann ich es von dir lernen", meinte ES nachdenklich.

***

Es war Nacht auf dem Teil der Erde, der früher Schottland gewesen war. Marcia fuhr plötzlich hoch, irgend etwas hatte sie geweckt. Sie sah einen Schatten gegen das Licht der Sterne, das durch das geöffnete Fenster hereinfiel. Schnell schaltete sie das Licht ein.

"Connor!" rief sie erfreut aus. "Was machst du hier? Die Drovana sollte doch erst nächste Woche zurück sein." Sie stand auf und ging auf Connor zu.

"Marcia, ich habe nicht viel Zeit. Ich bin nur zurückgekommen, um mich zu verabschieden. Und um dir zu sagen, dass ich dich liebe. Grüß die kleine Patty von mir."

All die Fragen, die Marcia durch den Kopf schossen, schienen ihr plötzlich unwichtig. Sie sagte nur: "Ich liebe dich auch, Connor." Noch während sie ihn umarmte, merkte sie, wie er verschwand. "Ich werde immer bei euch sein", hörte sie Connors Stimme von fern her.

***

Weitab von allen Siedlungen lag ein einsamer Hügel. Auf seiner Kuppe ragte ein uraltes Schwert zur Hälfte aus dem Boden, die Reste einer Wachskerze lagen daneben. In dieser Nacht leuchtete plötzlich eine kleine Flamme über den Kerzenresten auf. Sie tanzte auf und nieder, schwebte aber beharrlich neben dem Schwert. Auch der starke Sturm, der in dieser Nacht tobte, konnte sie nicht löschen.

Die Flamme brannte noch den ganzen folgenden Tag und verlosch erst am nächsten Abend. Die Geschichte von der Flamme, die jedes Jahr an einem bestimmten Tag für 24 Stunden leuchtete, wurde von den Menschen dieser Gegend noch lange erzählt.



(c) by Johannes Freudendahl     https://ammaletu.de

Anmerkungen:

Die Story ist ein Highlander-Perry-Rhodan-Crossover.

Dies ist die zweite der beiden Storys, aus denen sich die letzte Chronik entwickelt hat. Hier ist die spätere Auflösung der Chronik schon enthalten, sowie weitere Details, die sich bis zur aktuellen Chronik-Version gehalten haben.

Geschrieben: 29. Dez 1997  |  Wörter: 1.999